Vom Exportweltmeister zum Moralweltmeister
Der 3. Mai ist seit 1994 der Tag der internationalen Pressefreiheit. Aber was bedeutet das heute überhaupt noch? Wie frei ist unsere Presse wirklich? Die Berichte, denen investigativer Journalismus zugrunde liegt, sind dünn gesät.
Dafür gibt es mehrere Gründe. Einer davon ist die begrenzte Anzahl an Nachrichtenagenturen, die Mitteilungen für die Medienvertreter zur Verfügung stellen. Ein weiterer Grund ist der Zeitmangel in den Redaktionen, der aufwendige Recherchen unmöglich macht. Das Ergebnis ist der mediale Einheitsbrei, der uns täglich serviert wird und der den Eindruck einer medialen Gleichschaltung erweckt.
Fakt ist außerdem, dass unabhängige Medienhäuser kaum noch zu finden sind. Objektiver Journalsimus, der zu Recht als „Vierte Gewalt“ bezeichnet werden könnte gehört meist der Vergangenheit an.
So sind die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten auf das Wohlwollen der Politik angewiesen, die eine Beitragserhöhung jederzeit blockieren kann. Das ist natürlich unnötig, da gerade beim ÖRR ein Gesinnungsjournalismus vorherrscht, der die Berichterstattung für die Politik zum Selbstläufer werden lässt. Enge Verbindungen zwischen Programmdirektoren, anderen Verantwortlichen und der Politik sind längst eher Norm als Ausnahme.
Eine Reform dieses System, die sich auf die eigentliche Aufgabe eines von Bürgern finanzierten Rundfunks – nämlich eine ausgewogene und neutrale Berichterstattung – besinnt ist längst überfällig. Damit einhergehen sollte ebenfalls eine Absenkung des Beitrages auf ein angemessenes Niveau. Alternativ könnte ein Bezahlmodell in Betracht gezogen werden, dass auch als Gradmesser für die Qualität hilfreich wäre.
Natürlich stellen die öffentlich-rechtlichen Medienanstalten nur einen Teil der Leitmedien dar. Noch gibt es große Medienhäuser, die ihre ganz eigenen Motive für die Art ihrer Berichterstattung haben – und zwar wirtschaftliche. Der Spiegel beispielsweise hat während der Corona-Krise Zahlungen von der „Bill and Melinda Gates Foundation“ erhalten. Natürlich hatten die Millionen-„Zuschüsse“ keinen Einfluss auf die Berichterstattung. Dass Bill Gates durch den plötzlichen Aufschwung der Pharmaindustrie auch wirtschaftlichen Nutzen in beträchtlichem Ausmaß verbuchen kann ist selbstredend reiner Zufall.
Doch immerhin hat der Spiegel – in der Corona-Krise und in der Impfpflichtdebatte ein Totalausfall – vor kurzem von den familiären Verstrickungen im Wirtschaftsministerium berichtet, die Wirtschaftsminister Robert Habeck betreffen. Der Verdacht, andere Interessen als die der Bürger wären die Motivation für seine Politik und lägen der angedachten Gesetzgebung zugrunde, könnte eventuell aufkommen. Andere Medien wie der Focus berichteten anschließend zumindest über dasselbe Thema. Das Erste und das ZDF hüllen sich nach wie vor in Schweigen. Zur Erinnerung: dafür bezahlen die Menschen in diesem Land Geld – via Zwangsbeitrag.
Allerdings stellen derartige Feigenblattartikel eine Ausnahme dar. Sie lassen sich bei den meisten Leitmedien an den Fingern abzählen. So findet noch immer keine angemessene Aufarbeitung der Geschehnisse in der Corona-Zeit statt. Ja, es wurden Fehler eingestanden. Die Auswüchse, die uns allen Angst machen sollten – egal auf welcher Seite wir stehen – müssen aber unbedingt in der breiten Öffentlichkeit diskutiert werden.
Wer weiß schon, wie die Verteilung beim nächsten Mal aussieht und wo der Einzelne dann steht.
Das sollte jedoch nur ein Teil des Antriebes für eine Aufarbeitung und eine Rückkehr zu einem Journalismus sein, der den Namen tatsächlich verdient. Hier geht es auch um Glaubwürdigkeit. Die Politik braucht die „Vierte Gewalt“ mehr denn je. Einige wenige Artikel, die positiv aus der Masse herausstechen, weil sie als neutraler Denkanstoß durchgehen sind schlicht zu wenig. Man muss auch die Wahrnehmungsschwelle überwinden, wenn man wirklich einen sachlichen Diskurs fördern möchte.
Damit steht die Presse allerdings – oder wenigstens zum Teil – besser da als die Politik selbst. Regelmäßig ergeht man sich hier in Äußerungen über die Pressefreiheit in anderen Ländern. Der Umgang mit Alexei Nawalny ist ein sehr gutes Beispiel dafür, wie dabei mit zweierlei Maß gemessen wird. So erinnern politische Vertreter gerne daran, wie lange Nawalny bereits in Haft ist – mit einer genauen Anzahl an Tagen.
Als es um Asyl für Edward Snowden ging war man in der öffentlichen Debatte deutlich zurückhaltender. Ausgerechnet Russland, das wegen seines fragwürdig engen Meinungskorridors in der Presse, häufig Ziel der Kritik unserer Politik ist gewährte hier Asyl. Ein weiteres prominentes Beispiel finden wir in Julian Assange.
Rechnen wir die Zeit in der kolumbianischen Botschaft hinzu, so hat er inzwischen 3.968 Tage unter haftähnlichen Bedingungen verbracht, weil er sich in keinem Land und keiner Stadt frei bewegen konnte. Am 19 Juni jährt sich das Datum des Beginns zum elften Mal.
Sein Vergehen: Die Offenlegung von Kriegsverbrechen, die die USA begangen haben.
Unter einer Politik, die den USA beinahe alles durchgehen lässt, duckt man sich als Journalist vielleicht lieber weg. Selbst wenn man bemerkt, dass die Regierung die größte Gefahr für den Wohlstand der Menschen ist und vor allem für die Zukunft der Wirtschaft, hält man sich bedeckt, um zu vermeiden als Zielscheibe für andere Vertreter der eigenen Zunft oder schlimmer noch für einen „woken“ Mob zu enden. Zur Verteidigung einiger Journalisten kann natürlich auch angeführt werden, dass auf diese Weise ein Konsens suggeriert wird, den man vielleicht gar nicht mehr zu hinterfragen imstande ist.
Das Resultat bleibt dennoch das Gleiche – eine moralisch einwandfreie Einheitsmeinung, ein wasserdichtes Narrativ, das nur von den „Rändern der Gesellschaft“ hinterfragt wird – von „Extremisten“.
Und während immer mehr Menschen Schwierigkeiten haben, ihre Rechnungen zu bezahlen und die Wirtschaft langsam dahinschwindet – hauptsächlich als Opfergabe an die verschiedenen politischen Ideologien – können wir uns auch dank der Medien sicher sein, wenigstens das Richtige zu tun. Wen stört es dann noch, wenn wir neben unserer moralischen Überlegenheit auch gleich unsere Arbeitsplätze in andere Länder exportieren?
Den Medien ist nur eine Schlagzeile wert, womit sich auch Geld verdienen lässt. Und genau das muss sich ändern. Nachrichten müssen ausgewogen sein und kein Zerrbild der Realität, dass vornehmlich dem Erhalt eines Narrativs gilt und die Politik stützt.
Die Politik selbst kann einiges dafür tun, um diesen Zustand zu beenden, indem sie den öffentlich-rechtlichen Rundfunk so umgestaltet und ihren eigenen Einfluss auf diese Medien beendet. Natürlich kann man so etwas als einfältig abtun, aber es ist auch eine Chance für die Politik. Auf diese Weise werden die Medien wieder zum Gradmesser für das eigene Handeln. Volksvertreter erhalten dadurch immerhin den Anreiz das Volk zu vertreten und die gefühlte Kluft, die sich seit Jahrzehnten aufgebaut hat zu überwinden. Im Grunde ist dies sogar der einzig gangbare Weg, um das Vertrauen, sowohl zwischen Medien und Menschen als auch zwischen Politik und Bürgern wiederherzustellen. Es ist auch der einzig mögliche Weg, wenn man so etwas wie einen Rundfunkbeitrag in Zukunft noch rechtfertigen möchte.